Hier nun meine Geschichte.

Es war im September 1980, ich merkte seit kurzem Schmerzen im Unterleib, nicht so schlimm, dass man sofort etwas tun muss.
Doch Anfang Oktober wurde es schlimmer und ich ging zum Arzt. Der diagnostizierte eine vermutliche Hoden Entzündung und überwies mich zum Urologen (mein Glück). Nach ein paar Tagen hatte ich den Eindruck, dass es besser wurde. Mein behandelnder Arzt meinte aber zur Sicherheit sollte ich mich noch mal im Krankenhaus gründlich untersuchen lassen und bestellte mich eine Woche später wieder.
Aus dieser einen Woche wurden dann doch knapp 8 Wochen.
Im Krankenhaus entfernte man an einem Hoden eine gutartige Zyste. Das Gewebe wurde zur weiteren Untersuchung zur Uni-Klinik nach Gießen gesandt. Von dort kam nach 2 Tagen die Nachricht, dass es nicht auszuschließen sei, dass da noch etwas anderes ist.
Am gleichen Abend besprachen meine Frau, der behandelnde Arzt und ich das weitere Vorgehen. Mein Standpunkt war ziemlich klar ich fühlte mich nach der "OP" wieder besser und wollte so schnell wie möglich nach Hause.
Nach eingehendem Gespräch mit dem Arzt und Zustimmung meiner Frau entschlossen wir uns zur 2. Operation.
Der linke Hoden wurde entfernt und zur Untersuchung nach Gießen geschickt. Nun kam nach ca. 1 Woche die Meldung, dass Krebs festgestellt wurde. Aber man hat kein einzigesmal von Krebs gesprochen es hieß immer nur "nicht gutartig". Aber was macht das für einen Unterschied?
Zu meiner Person muss ich sagen, dass ich zu KEINER Zeit Zweifel hatte, dass alles wieder in Ordnung kommt.
Der nächste Schritt war ein Gespräch mit dem Leiter der Urologie Prof. Dr. Halwachs, der sehr offen mit uns das Thema Krebs besprach und auch erklärte, dass der Krebs, der bei mir festgestellt wurde NICHT mit Bestrahlungen bekämpft werden könne.
Die Vorbereitungen zur 3. OP begannen.
Es sollen die Lymphknoten im Bauchraum entfernt werden. Zu dem Zeitpunkt wusste ich noch nicht was dies bedeutet.
Als erstes wurde eine, für mein Empfinden, der unangenehmsten Untersuchungen durchgeführt die Lymphographie, bei der die Lymphbahnen im Körper durch spritzen von Kontrast Flüssigkeit sichtbar gemacht wurden. Dies muss sehr vorsichtig geschehen, deshalb werden an den Füßen dünne Schläuche angebracht und mittels einer kleinen Pumpe das Kontrastmittel gespritzt und auf einem Röntgenschirm kontrolliert. Eigentlich gar nicht schlimm, aber man liegt ca. 5 Stunden auf einer Pritsche und kann sich so gut wie nicht bewegen. Ich habe während dieser Zeit ein ganzes Buch gelesen.
Nun wurde auch meine Ernährung umgestellt ich bekam sogenannt "Astronautenkost", ein scheußliches Etwas. Es gab verschiedene Geschmacksrichtungen, aber eigentlich schmeckte fast alles wie aufgeweicht Bierdeckel.
Am Abend vor der großen OP, man sagte mir, dass es bis zu 8 Stunden dauern kann, wurde versucht ein Venenkatheter (zentraler Zugang) zu setzen, was dem diensthabenden Arzt jedoch nicht gelang (warum auch immer). Man teilte mir mit, dass das dann zu Beginn der OP gemacht wird, warum nicht gleich, da hätte man mich nicht so zu pisaken brauchen.
Der Tag der 3. OP.
Es wurde eine Rückenmarks-Narkose gemacht, dadurch wurde der Organismus nicht so sehr belastet.
Ich hatte es einigermaßen gut getroffen, die OP dauerte "nur" knapp 4 Stunden und es wurden zw. 70-80 Lymphknoten entfernt, was sich heute bei Röntgenbildern immer noch gut macht.
Nach der OP verbracht ich 24 Stunden auf der Intensivstation (an diese Zeit kann ich mich aber kaum erinnern, nur eines weiß ich noch ich hatte großen Durst).
Nach dieser Zeit wurde ich wieder auf Station verbracht und nervte in der ersten Nacht die Schwester, denn ich war ja ausgeschlafen und die Narkose lies auch nach.
Nun merkte ich auch die Vorteile der Rückenmarksanästhesie, denn man kann sie über einen kontrollierten Zeitraum halten.
Die Wunden heilten gut, nur an einer Stelle hatte ich kleine Probleme es tat ständig weh beim Laufen und ich drängte darauf die Drähte und Fäden zu entfernen. Der Arzt sagte aber erst müssen die Schmerzen verschwinden, ich war aber der Meinung die Schmerzen kommen gerade davon. Nach ein paar Tagen wurden aber dann endlich dir Drähte und Fäden gezogen und siehe da eine kleine Entzündung bereitete mir diese Schmerzen, die nach der Entfernung schnell verschwand.
Ich wurde dann am 26.November entlassen.
Nun kam die Zeit der Nachsorge.
Zu Beginn alle 6 Wochen ein Termin, später denn alle 8 und zuletzt alle 6 Monate. Nach 5 Jahren, in denen nichts mehr festgestellt wurde war die Nachsorge beendet. Aber auch heute noch höre ich sehr auf meinen Körper und gönne ihm jedes Jahr eine gründliche Untersuchung.
Zum Schluss möchte ich noch mal betonen, dass man NIE den Mut und die Lust zu Leben verlieren soll, positiv Denken hilft hier weiter, nicht in Trübsal und Selbstmitleid versinken.
Für mich gibt es keine halb leeren Gläser nur halb volle.

Denk mal darüber nach.
Heute über 20 Jahre danach tat es gut dies nieder zuschreiben. Ich hoffe ich kann damit weiter helfen.
Jochen (solltest du noch Fragen an mich haben dann sende mir eine Mail)

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